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Keine Lohnfortzahlung für Ungeimpfte?

Keine Lohnfortzahlung für Ungeimpfte?

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Was im Falle einer Quarantäne zu beachten ist

Autorin: RÄ Judith Behra, Geschäftsführerin der Mitteldeutschen Zahntechniker-Innung

Die Gesundheitsminister der Länder hatten sich mit dem Bundesgesundheitsministerium darauf geeinigt, dass die meisten Nicht-Geimpften spätestens seit dem 1. November 2021 im Falle einer Quarantäne keine Entschädigung mehr bekommen.

§ 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht schon seit dem Sommer 2020 die Möglichkeit vor, dass Personen, die „durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung (…), die gesetzlich vorgeschrieben ist (…) oder öffentlich empfohlen wurde (…) eine Absonderung hätten vermeiden können“, keinen Anspruch auf Entschädigung haben.

Es musste also kein neues Gesetz beschlossen werden. Die Vorschrift wurde bislang kaum angewendet, weil lange Zeit nicht eindeutig war, dass wirklich jede Person, die eine Impfung wollte, diese auch erhalten konnte.

Was heißt diese Regelung für Sie? Müssen Sie als Arbeitgeber an Ungeimpfte nun nichts mehr zahlen? Und woher sollen Sie überhaupt wissen, wer geimpft ist und wer nicht?

Gesundheitsminister können naturgemäß nicht über arbeitsrechtliche Ansprüche entscheiden. Das haben sie auch nicht. In den Medien war zwar häufig von „Lohnfortzahlung“ die Rede, tatsächlich ging es aber um die Frage, ob die Länder im Falle einer Quarantäne eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz auch an Ungeimpfte zahlen. Diese Entschädigung ist keine Lohnfortzahlung, sondern ein Schadenersatzanspruch gegen das Land wegen Berufsausübungsbeschränkungen infolge von Maßnahmen der Gesundheitsbehörden, wie zum Beispiel einer Quarantäneanordnung.

Personen, die sich aufgrund behördlicher Anordnung in Quarantäne begeben müssen, sollen grundsätzlich keinen Lohnausfall erleiden. Deshalb erhalten sie eine Geldentschädigung auf Basis des Infektionsschutzgesetzes. Der Arbeitgeber fungiert dabei als Zahlstelle der Behörden und schießt das Geld vor. Auf Antrag erhält der Arbeitgeber eine Erstattung.

Entschieden wurde also nicht, dass die Arbeitnehmer keine Lohnfortzahlung erhalten, sondern dass die Arbeitgeber keine Erstattung vom Land erhalten, sofern sie ungeimpften Personen im Falle einer Quarantäne ihren Lohn fortzahlen.

Die entscheidende Frage für Sie ist also: Wann müssen Sie Ihren Mitarbeitern den Lohn fortzahlen?

Klar ist, dass Sie im Falle einer attestierten Arbeitsunfähigkeit, zum Beispiel wegen einer tatsächlichen und mit Symptomen verlaufenden Corona-Erkrankung des Arbeitnehmers bis zu sechs Wochen das Entgelt fortzahlen müssen. Daran ändert sich nichts. Die Ablehnung einer Impfung führt nicht dazu, dass die Arbeitsunfähigkeit als selbstverschuldet im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu werten ist.

Aber was gilt, wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig ist, sondern lediglich einer Quarantäneanordnung unterliegt?

Hier sollten Sie künftig zwischen Geimpften und Ungeimpften unterscheiden. Grundsätzlich besteht zwar ein Fragerecht in Bezug auf den Impfstatus nur gegenüber bestimmten Berufsgruppen. Wenn aber Beschäftigte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung einfordern, müssen sie auch nachweisen, dass sie aufgrund der erfolgten Impfung die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen bzw. ein Attest vorlegen, dass eine etwaige medizinische Unmöglichkeit einer Impfung nachweist.

Der Arbeitgeber hat – da er im Falle einer Entschädigungszahlung in Vorleistung gehen muss – ein berechtigtes Interesse, den Impfstatus zu erfahren und darf in dieser Konstellation daher auch danach fragen.

Für Geimpfte zahlen Sie also – nach Kontrolle des Impfstatus – wie bisher eine Entschädigung gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz und lassen sich diese vom zuständigen Amt erstatten. Wir empfehlen, bei der Abrechnung und Auszahlung deutlich zu machen, dass es sich nicht um reguläre Vergütung handelt, sondern um eine „Auszahlung des Verdienstausfalls für die zuständige Behörde gemäß § 56 Abs. 5 IfSG“.

Für Ungeimpfte ist zunächst zu prüfen, ob § 616 BGB im Arbeitsvertag ausgeschlossen wurde. Diese Vorschrift regelt, dass Beschäftigte ihren Anspruch auf Vergütung nicht verlieren, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in ihrer Person liegenden Grund ohne ihr Verschulden an der Dienstleistung verhindert sind.

Falls § 616 BGB ausgeschlossen wurde, sind Sie nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet.

Falls § 616 BGB gilt, sind Sie verpflichtet, die Vergütung für mindestens fünf Tage fortzuzahlen. Für welchen Zeitraum die Zahlungspflicht genau besteht, ist umstritten. Sie erhalten hier jedoch keine Erstattung von der zuständigen Behörde.

Für Azubis sah das Infektionsschutzgesetz schon bislang keine Entschädigungszahlungen vor. Sie haben wie bisher einen Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung gemäß § 19 BBiG.

Es mag passieren, dass ungeimpfte Beschäftigte ein Attest über eine Arbeitsunfähigkeit vorlegen, um trotz fehlender Impfung einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu erhalten. In einem solchen Fall sollten Sie nachhaken, ob der Arbeitnehmer tatsächlich symptomatisch an Corona erkrankt ist. Wer sich ohne Symptome nur deshalb krank meldet, um eine Entgeltfortzahlung zu erhalten, begeht Sozialversicherungsbetrug und kann unter Umständen außerordentlich und fristlos gekündigt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Kostenrisiko für Verdienstausfälle von Ungeimpften durch die Entscheidung der Gesundheitsminister von den Behörden auf die Arbeitgeber ausgelagert worden ist. Im Falle einer klarstellenden Rechtsänderung halten wir Sie auf dem Laufenden.